KurzohrrüsselspringerKurzohrrüsselspringer

SteckbriefSteckbrief

Wissenschaftlicher Name: Macroscelides proboscideus
Deutscher Name: Kurzohrrüsselspringer
Englischer Name: Round-eared Elephant Shrew
Unterklasse: Höhere Säugetiere (Eutheria)
Überordnung: Afrotheria
Ordnung: Rüsselspringer (Macroscelidea)
Familie: Rüsselspringer (Macroscelididae)
Gattung: Kurzohrrüsselspringer (Macroscelides)
Art: Kurzohrrüsselspringer
Größe: Kopfrumpflänge: 10 bis 11 cm
Schwanz: 10 bis 14 cm
Gewicht: 40 bis 50 Gramm
Lebenserwartung: in freier Wildbahn 1 bis 2 Jahre
in menschlicher Obhut bis zu 4 Jahre
Geschlechtsreife: mit ca. 45 Tagen; die Tiere in Menschenhand bitte erst ab einem Alter von 7 Monaten verpaaren!
Tragzeit: ca. 2 Monate
Wurfgröße: 1 bis 2 Jungtiere
Brutpflege: Jungtiere sind bei der Geburt bereits gut entwickelt und werden schon nach 16 bis 25 Tagen entwöhnt
Sozialverhalten: Einzelgänger
Aktivitätsphasen: eher dämmerungsaktiv
Lebensraum: Wüsten und Halbwüsten in Namibia, dem südlichen Botswana und dem westlichen Südafrika
Ernährung: Allesfresser: Insekten (z.B. Ameisen und Termiten), Wurzeln, Beeren

HaltungsdiagrammHaltungsdiagramm

Anschaffungskosten
Unterhaltskosten
Platzbedarf
Zeitbedarf
Empfindlichkeit
Exoten-Faktor
Wildheit
Lärm-Faktor
Stink-Faktor
Verletzungsgefahr

Verbreitung / HerkunftVerbreitung / Herkunft

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AllgemeinesAllgemeines

Kurzohrrüsselspringer sind die kleinsten Vertreter der Rüsselspringer und sind von allen Rüsselspringerarten am häufigsten in Menschenhand anzutreffen. Durch ihre sehr hohe Stressempfindlichkeit, ihre recht schwierige Haltung und ihre komplizierte Zucht sind es aber absolut keine Tiere für Anfänger in der Kleinsäugerhaltung!
In der freien Natur lebt der Kurzohrrüsselspringer eher territorial und einzelgängerisch, wobei sein Territorium auch mal bis zu 1 km² groß sein kann. Entgegen ihrem Namen bewegen sich Rüsselspringer nicht hüpfend fort, sondern laufen mit ihren dünnen, langen Beinchen sogar mit Geschwindigkeiten von bis zu 20 km/h durch die Gegend. Hierbei legen Rüsselspringer häufig die gleichen Strecken zurück, die sie stets von Kot und anderen Verunreinigungen frei halten. Dieses Verhalten lässt sich auch in menschlicher Obhut beobachten- vorausgesetzt natürlich, dass Terrarium ist groß genug.
Da Kurzohrrüsselspringer viele Feinde haben, benötigen die Fluchttiere viele Verstecke, in denen sie bei Gefahr Schutz finden. Diese befinden sich meist unter Steinen, Wurzeln oder Büschen. In solchen geschützten Bereichen bringen die Tiere auch ihren Nachwuchs zur Welt. Nistmaterial wird nicht verwendet.
Kurzohrrüsselspringer sind überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv. Das Leben spielt sich größtenteils von 18 Uhr abends bis früh morgens ab. Da die meisten Feinde in dieser Zeit schlafen, erhöht sich die Überlebenschance um ein Vielfaches. In dieser Zeit suchen sie mit der beweglichen Nase zwischen Gesteinsritzen, Wurzeln etc. nach Nahrung, vorwiegend Insekten und teilweise auch Pflanzliches sowie Sämereien. Tagsüber genießen sie gerne ein Sonnenbad. Hierbei legen sie sich bevorzugt ganz flach auf Steine oder Wurzeln. Durch dieses „Plattmachen“ erhöhen sie die Körperoberfläche und können so mehr Wärme tanken. Trotz dieses in-der-Sonne-Dösen sind die Tiere stets wachsam und flüchten bei ungewohnten Geräuschen gleich in ihren geschützten Unterschlupf.
Einen Teil des Tages verbringen Rüsselspringer auch mit der Körperpflege. Eine große Bedeutung hat hier v. a. das Baden bzw. Wälzen in feinem Sand. Dieses Verhalten dient der neben der Fellpflege auch zum Markieren des Territoriums. Das Fell, welches nicht mit dem Sandbad gereinigt werden kann oder einer besseren Pflege bedarf, wird mit Zunge, Zähnen und Vorderpfoten gereinigt.

HaltungHaltung

Die Haltung von Kurzohrrüsselspringern ist faszinierend, aber äußerst aufwändig: Die besten Erfahrungen wurden mit Holzterrarien gemacht, da diese nur von einer Seite einsehbar sind und so den Tieren ein höheres Sicherheitsgefühl bieten als z. B. Glasterrarien. Das Terrarium für ein Einzeltier sollte eine Größe von 1,5*0,5*0,5 m (Länge*Breite*Höhe) nicht unterschreiten- bei Paarweiser Haltung sind 2*0,5*0,5 m als Mindestmaße anzusehen. Aber auch bei Rüsselspringern gilt: je größer desto besser! Möchte man ein Pärchen halten, hat es sich zudem bewährt, eine Trennwand, die bei Bedarf geöffnet bzw. geschlossen werden kann, einzubauen. So kann man versuchen, die Tiere behutsam aneinander zu gewöhnen und sie bei Streitigkeiten oder Nachzuchten ohne großen Aufwand wieder trennen.
Als Bodengrund eignet sich feiner Chinchillasand, der regelmäßig durchgesiebt werden sollte, um die Ausscheidung der Tiere zu entfernen. Schmutziger oder zu grobkörniger Sand kann eine Ursache für fettiges und struppiges Fell sein. Wärmelampen sowie reichlich Versteckmöglichkeiten wie beispielsweise Holzwurzeln, Steinaufbauten (Vorsicht! Die Steine müssen so feste aufeinander liegen, dass sie nicht verrutschen können (Verletzungsgefahr!)), Kunstfelsen, Holzbrücken, Kork- und Holzröhren, hohle Kokosnüsse etc. dürfen in keinem Rüsselspringerheim fehlen. Ideal ist es, wenn man unter den Wärmelampen große Steine platziert. Die Tiere lieben es, auf einem warmen Stein in der künstlichen Sonne zu dösen. Ich habe gute Erfahrungen mit 50-60 Watt starken Wärmelampen gemacht. Durch weitere Wurzeln, Steinaufbauten o.ä. in der Nähe der Wärmelampe ermöglicht man den Tieren, dass sie den Abstand zur Wärmequelle nach Belieben variieren können. Diese Möglichkeit wird gerne genutzt. Allerdings kann selbst die beste Wärmelampe die Sonne nicht ersetzen. So kann man bei Rüsselspringern beobachten, dass sie echte Sonnenstrahlen jeder Wärmelampe vorziehen. Deshalb sollte das Rüsselspringerterrarium immer in einem Raum mit Tageslicht und Sonneneinstrahlung (es darf nie das gesamte Terrarium im Sonnenlicht stehen! (Überhitzung)) stehen. Zu hohe Temperaturen im Terrarium sind zu vermeiden. Tagsüber sollten Temperaturen von 20 bis 24°C (lokal bis 30°C) eingehalten werden. In der Nacht Absenkung auf 18 bis 20°C. Im Winter kann die Temperatur mittels Zeitschaltuhr und Wärmelampe reguliert werden.
Wer möchte, kann das Terrarium auch bepflanzen. Hierbei ist unbedingt zu beachten, dass nur Ungiftiges verwendet wird, da sie ggf. von den Rüsselspringern angeknabbert werden. Zu den verwendbaren Pflanzen zählen unter anderem: Aloen (Aloe sp.), Geldbaum (Crassula ovata), Rosettendickblatt (Aeonium arboreum) oder Bogenhanf (Sansevieria trifasciata). Zweige mit getrocknetem Laub von ungespritzten Bäumen und Grasbüschel bieten eine interessante Abwechslung. Lebende Pflanzen im Terrarium erhöhen zwar den Pflegeaufwand, werten das Terrarium aber optisch auf und sind eine gern gesehene Bereicherung für die Bewohner.

Aufgrund der Stressempfindlichkeit der Tiere sollte das Terrarium nicht in der Nähe von Fernseher, Stereoanlage oder sonstigen Lärmquellen stehen.

ErnährungErnährung

Da Rüsselspringer überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv sind, sollte die Hauptfütterung abends stattfinden. Angeboten werden täglich min. fünf verschiedene Sorten Obst, Salate und Gemüse, die vorher in kleine Würfel geschnitten werden. Diese Würfel dürfen eine Kantenlänge von 3*3 mm nicht überschreiten, da die Tiere sonst Probleme haben, das Futter aufzunehmen. Obst sollte zudem in deutlich kleineren Mengen (nur ein bis zwei Obstsorten pro Fütterung) als Gemüse und Salat angeboten werden, da die Tiere zu Diabetes neigen. Weil Rüsselspringer Abwechslung im Futterplan lieben und auch zu schätzen wissen, sollte die Verfütterung von ca. zehn verschiedenen Sorten Obst, Gemüse und Salat pro Woche angestrebt werden, welche alle so frisch sein müssen, dass sie noch für den menschlichen Verzehr geeignet sind. Schälen braucht man das Futter nicht, wenn es vor dem Verfüttern gründlich gewaschen wird. Lediglich Mango und Mandarine wird ohne Schale verfüttert. Kartoffeln, Brokkoli und Blumenkohl sollten vorher gekocht werden. Mit Zitrusfrüchten und Kohlsorten sollte man sparsam umgehen und diese nur in Maßen verfüttern. Zusätzlich zum Obst und Gemüse werden täglich noch ca. 1 TL getrocknete Insekten und ebenfalls 1 TL Wellensittichfutter gereicht.

Um den hohen Bedarf an tierischer Nahrung zu decken, sollten auf jeden Fall täglich noch lebende Insekten und ab und zu klein geschnittenes, hart gekochtes Ei verfüttert werden. Als Futtertiere eignen sich v. a. Heimchen, Grillen und Heuschrecken- jeweils in verschiedenen Größen. Durch die lebende Verfütterung dieser Wirbellosen sind die Rüsselspringer zusätzlich beschäftigt. Rinderhackfleisch und gemahlenes Hundetrockenfutter können ebenfalls gelegentlich auf dem Speiseplan stehen. Mehlwürmer und Zophobas-Larven dürfen an Rüsselspringer keinesfalls verfüttert werden! Sie führen zur Verfettung der inneren Organe, was einen plötzlichen Tod zur Folge haben kann und somit die Lebenserwartung der Rüsselspringer erheblich verkürzt. Ein absolutes Fütterungsverbot gilt ebenfalls für Avocados und Auberginen.

Dass den Tieren stets frisches Trinkwasser (täglich gewechselt) in Wassernäpfen angeboten werden sollte, versteht sich von selbst.

ZuchtZucht

Möchte man keine Rüsselspringer züchten, so sollte man diese Tiere einfach einzeln halten, da sie, wie schon erwähnt, Einzelgänger sind.
Die Zucht von Kurzohrrüsselspringern ist sehr aufwändig und bereitet selbst zoologischen Gärten Probleme. Da wir selbst noch keinen Rüsselspringernachwuchs hatten, kann ich hier lediglich auf die Daten zoologischer Gärten zurückgreifen.

Als wichtige Faktoren für eine erfolgreiche Zucht gelten natürlich ein großes Terrarium mit vielen Versteckmöglichkeiten und eine ausgewogene Ernährung.
Zirka acht Wochen nach der Paarung bringt das Weibchen ein bis zwei Jungtiere in einem geschützten Versteck zur Welt. Rüsselspringer sind Nestflüchter, d.h., sie werden bereits mit Fell und geöffneten Augen geboren. Ab dem fünften Tag beginnen die Jungen damit, feste Nahrung in Form von zerkauten und eingespeichelten Insekten, die von der Mutter in den Backentaschen gesammelt und transportiert werden, zu sich zu nehmen. In den darauf folgenden 10 bis 15 Tagen werden die Jungtiere immer aktiver und fangen selbst an, Futter zu suchen. Stück für Stück verlieren sie somit die Bindung zur Mutter und den Geschwistern. In menschlicher Obhut ist es ratsam, die einzelnen Familienmitglieder in einem Alter von 3,5 bis 4 Wochen zu separieren. Bei früher auftretenden Streitigkeiten muss man die Jungtiere natürlich entsprechend eher separieren.
Angeblich kommt es relativ häufig vor, dass der erste Wurf eines jungen Rüsselspringerpärchens nicht überlebt.
Über die Geschlechtsreife bei Kurzohrrüsselspringern gibt es verschiedene Angaben: Manche Halter reden von fünf bis sechs Wochen, andere von mehreren Monaten bis zu einem halben Jahr. Aus tiermedizinischer Sicht ist jedoch davon abzuraten, ein Weibchen bereits im Alter von fünf Wochen zu verpaaren!
Ob sich zwei Rüsselspringer vertragen, kann man nie im Voraus sagen. Das ist immer von den einzelnen Individuen abhängig. Hat sich jedoch mal ein harmonierendes Pärchen gefunden, kann man es in der Regel die ganze Zeit zusammen halten. Sollte das Männchen die Jungtiere jedoch belästigen oder jagen, sollte man es in der Zeit der Jungenaufzucht von der Mutter und ihren Kindern trennen.
Da, wie bereits erwähnt, nicht alle Rüsselspringer untereinander harmonieren und weil Rüsselspringer sehr empfindliche Pfleglinge sind, bei denen es ohne Weiteres zu plötzlichen Todesfällen kommen kann, benötigt man mindestens zwei Zuchtpärchen, um intensiv in die Rüsselspringerhaltung einzusteigen. Aufgrund ihrer solitären Lebensweise muss man für jedes Individuum und für die erwarteten Jungtiere jeweils ein eigenes Terrarium einplanen, was mit einem hohen Aufwand und hohen Kosten verbunden ist.
Zur Vergesellschaftung zweier Tiere leistet ein sogenanntes "Schmusegitter", an dem sich die Individuen erst einmal beschnuppern können, gute Dienste. Lässt man die Tiere das erste Mal zusammen, so sollten in den Terrarien nur Einrichtungsgegenstände ohne Spitzen befinden. Hierzu haben sich umgedrehte Blumentöpfe und Futternäpfe mit großen Löchern bewährt, aber auch Röhren jeglicher Art sind geeignet. Es ist ganz normal, dass sich die Tiere erst einmal jagen. Um den Stress zu minimieren, sollte man die Zeitspanne, in der die Tiere direkten Kontakt haben, zunächst relativ kurz halten. Diesen Abstand kann man dann täglich verlängern und die Tiere eines Tages, wenn sie sich aneinander gewöhnt haben und vertragen, rund um die Uhr zusammenlassen. Die beste Zeit für eine Vergesellschaftung ist nach unseren Erfahrungen der frühe Abend und der frühe Morgen, da die Tiere dann noch relativ aktiv sind und nicht in ihrer Mittagsruhe gestört werden.


Geschlechterbestimmung
Die Geschlechtsunterscheidung bei Rüsselspringern ist nicht ganz einfach und bereitet selbst Zootierärzten teilweise Probleme. Der einzige sichtbare Unterschied ist der in der Mitte des Bauchs sitzende Penis des Männchens der allerdings im Fell versteckt ist. Durch Pusten auf das Bauchfell des Tieres (hierzu muss der Rüsselspringer in der Hand gehalten werden; Achtung: Stresssituation!) kann man im Falle eines männlichen Tieres den Penis sehen.

KrankheitenKrankheiten

Eine gute Haltung und tiergerechte Ernährung ist die beste Vorbeugung vor Krankheiten! Dennoch können Rüsselspringer zum Teil relativ plötzlich erkranken.

  • Stress- und diabetesanfällig
  • Klebsiellen-Infektion
  • Fettleber (durch zu viel Eiweiß in der Fütterung)

Die meisten Rüsselspringerkrankheiten enden tödlich!

zusätzliche Infoszusätzliche Infos

Rüsselspringer sind sehr interessante Pfleglinge deren Haltung allerdings äußerst aufwändig ist. Durch die hohe Stressempfindlichkeit und die anspruchsvolle Ernährung gehören sie nur in die Hände erfahrener Kleinsäugerhalter.

Aufgrund der komplizierten und seltenen Zucht ist es sehr schwierig, Rüsselspringer zu finden. Zoos mit Rüsselspringernachwuchs haben meist lange Wartelisten und geben oft nicht an Privatpersonen ab. Es besteht lediglich die Möglichkeit, von den wenigen privaten Rüsselspringerhaltern und –züchtern Tiere zu bekommen. Die Kosten für diese Tiere belaufen sich auf 100 bis 500 Euro pro Tier.

 

Ehrlich, C. (2006): Kleinsäuger im Terrarium. Biologie – Haltung – Zucht. Natur und Tier Verlag: Münster. 2. Auflage

 

Seiferheld, B. (2010): Ein Juwel im Kleinsäuger-Terrarium - der Kurzohrrüsselspringer. In Rodentia Exoten Nr.56, Juli/August 2010.

 

Gea Olbricht & Alexander Sliwa (2010): Elefantenspizumäuse - die kleinen Verwandten der Elefangen. In Zeitschrift des Kölner Zoos, 3/2010.

AutorAutor

Text:

  • martin-tiere 08/2010, 01/2016 (überarbeitet)

Bilder:

  • June 10/2004
  • martin-tiere 08/2010
  • Issa 08/2010